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🍄 Ibotensäure & Muscimol — die psychoaktiven Pilzgifte des Fliegenpilzes

Kurzbeschreibung: Ibotensäure und Muscimol sind die zentralen Wirkstoffe des Fliegenpilzes (Amanita muscaria), eines der bekanntesten Pilze der Welt. Sie wirken neurotoxisch und psychoaktiv, können Halluzinationen, Rauschzustände und Vergiftungen hervorrufen. Dieser Beitrag erklärt Chemie, Vorkommen, Wirkmechanismus, Symptome, Gefährlichkeit, Diagnostik, Therapie, Prävention sowie die kulturelle Bedeutung dieser Pilzgifte.


1. Einführung

Der Fliegenpilz (Amanita muscaria) ist durch seinen roten Hut mit weißen Punkten eine Ikone in Märchen und Popkultur. Er ist nicht nur schön, sondern auch giftig. Die beiden Hauptwirkstoffe sind Ibotensäure und ihr Decarboxylierungsprodukt Muscimol. Während Ibotensäure eher neurotoxisch wirkt, ist Muscimol der eigentliche Auslöser der typischen psychoaktiven Effekte.


2. Chemie & Eigenschaften

  • Ibotensäure: ein Aminosäure‑ähnliches Molekül, strukturell verwandt mit Glutaminsäure.

  • Muscimol: entsteht durch Decarboxylierung von Ibotensäure (z. B. beim Trocknen oder durch Stoffwechsel im Körper).

  • Stabilität: Ibotensäure ist weniger stabil und wird bei Trocknung teilweise in Muscimol umgewandelt; deshalb sind getrocknete Fliegenpilze muscimolreicher.


3. In welchen Pilzen kommen Ibotensäure & Muscimol vor? (deutsche Namen)

Am bedeutendsten sind:


  • Fliegenpilz — Amanita muscaria

  • Pantherpilz — Amanita pantherina (ähnliche Giftstoffe, teils noch stärker wirksam)

  • Spuren auch in verwandten Arten, z. B. Amanita regalis (Königsfliegenpilz)


4. Wirkmechanismus

Ibotensäure

  • Wirkt als Agonist an Glutamat‑Rezeptoren (NMDA‑ und Metabotrope Rezeptoren).

  • Führt zu Übererregung und exzitotoxischem Zelltod in Nervenzellen (neurotoxisch).


Muscimol

  • Ist ein potenter Agonist am GABA‑A‑Rezeptor.

  • Führt zu verstärkter inhibitorischer Wirkung im Gehirn → Sedierung, Trance, Halluzinationen, Bewusstseinsveränderungen.


Zusammenspiel

  • Ibotensäure = eher toxisch, neuroerregend.

  • Muscimol = psychoaktiv, sedierend/halluzinogen.

  • Beide zusammen erklären die komplexen Wirkungen nach Verzehr.


5. Symptome & Vergiftungsbild

Latenz: meist 30 Minuten bis 2 Stunden nach Verzehr.


Frühsymptome

  • Übelkeit, Erbrechen, Schwindel

  • Magen‑Darm‑Beschwerden

  • Muskelzucken, Zittern


Psychoaktive Phase

  • Rauschzustände mit Halluzinationen

  • Verzerrtes Zeit‑ und Raumempfinden

  • Euphorie oder Angst

  • Verwirrtheit, Delirien, Unruhe

  • Krampfanfälle in schweren Fällen


Spätphase

  • Schläfrigkeit, tiefer Schlaf

  • Amnesie (Gedächtnislücken)


6. Gefährlichkeit & Letale Dosis

  • Ibotensäure & Muscimol gelten selten als tödlich, verglichen mit Amatoxinen oder Orellanin.

  • Dennoch: schwere Vergiftungen mit Krampfanfällen, Delirien und Koma sind dokumentiert.

  • Todesfälle sind sehr selten, treten aber bei massiver Aufnahme, Kindern oder geschwächten Personen auf.

  • Die „Rauschwirkung“ ist unberechenbar und kann von leichter Euphorie bis zu lebensbedrohlichen Zuständen reichen.


7. Diagnostik

  • Anamnese: Konsum von Fliegen‑ oder Pantherpilzen.

  • Klinik: Mischung aus gastrointestinalen, neurologischen und psychischen Symptomen.

  • Labor: meist unspezifisch; spezifischer Nachweis von Muscimol/Ibotensäure in Speziallaboren (z. B. LC‑MS) möglich.


8. Therapie & Behandlung

  • Kein spezifisches Antidot verfügbar.

  • Akutmaßnahmen: Aktivkohle bei frühzeitiger Aufnahme, Magenspülung.

  • Supportive Therapie: Flüssigkeitsgabe, Elektrolytausgleich.

  • Symptomatische Behandlung:

    • Benzodiazepine bei schweren Unruhezuständen oder Krampfanfällen.

    • Überwachung der Vitalfunktionen.

  • Meist klingen die Symptome nach 6–24 Stunden ab.


9. Prävention

  • Nie Fliegenpilze oder Pantherpilze essen! Auch wenn sie in manchen Kulturen traditionell genutzt werden.

  • Verwechslungsgefahr: Fliegenpilz ist zwar gut erkennbar, Pantherpilz kann mit essbaren Arten verwechselt werden (z. B. Grauer Wulstling).

  • Kulturelle oder rituelle Nutzung sollte nicht als sicher angesehen werden.


10. Historische & kulturelle Bedeutung

  • Der Fliegenpilz hat eine lange Tradition in Mythen und Ritualen (z. B. bei sibirischen Schamanen).

  • Er gilt in Europa als Glückssymbol.

  • In der modernen Psychonautik wird er teils als natürliches Halluzinogen missbraucht.


11. Fazit

Ibotensäure und Muscimol machen den Fliegenpilz zu einem faszinierenden, aber gefährlichen Pilz. Während Todesfälle selten sind, können schwere Vergiftungen auftreten. Die psychoaktive Wirkung ist unberechenbar und riskant. Für Pilzsammler und Genießer gilt daher: Fliegenpilz und Pantherpilz sind keine Speisepilze!


Hinweis: Dieser Beitrag dient nur Informationszwecken. Bei Verdacht auf Pilzvergiftung unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

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