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⚠️ Orellanine — das nephrotoxische Pilzgift: Alles, was du wissen musst

Kurzbeschreibung: Orellanine ist ein stark nierenschädigendes Mykotoxin, das in bestimmten Arten der Gattung Cortinarius vorkommt. Die Vergiftung zeichnet sich durch eine lange Latenzzeit und ein hohes Risiko für akutes und chronisches Nierenversagen aus. Dieser Beitrag erklärt Chemie, Vorkommen, Wirkmechanismus, Klinik, Diagnostik, Therapie, Prognose, Prävention und historische Fälle.


1. Einführung

Orellanine wurde erstmals als toxischer Inhaltsstoff bestimmter Cortinarius‑Arten beschrieben, die in Europa und Nordamerika vorkommen. Wenn Menschen diese Pilze verzehren, kann sich die Nierenschädigung oft erst Tage bis Wochen später bemerkbar machen — deshalb sind Vergiftungen besonders tückisch.


2. Chemie & Struktur
  • Chemisch ist Orellanine ein tetrahydroxylierter, di‑N‑oxidierter Bipyridinderivat (systematisch: [2,2′‑bipyridine]‑3,3′,4,4′‑tetrol‑1,1′‑dioxid).

  • In Pilzgewebe liegt es häufig als Glykosid‑Vorstufe vor; im menschlichen Körper werden aktive Formen freigesetzt.

  • Es ähnelt strukturell bipyridyl‑Herbiziden (z. B. Paraquat) und kann → oxidative Radikalbildung bewirken.


3. In welchen Pilzen kommt Orellanine vor?

Die wichtigsten giftbelasteten Arten stammen aus der Gattung Cortinarius (Risspilze). Bekannte deutsche Namen und Arten sind:


  • Falscher Pflaumen‑Risspilz / Orellanus — Cortinarius orellanus (häufig als „Fool's webcap“ bezeichnet)

  • Roter Risspilz / Tödlicher Risspilz — Cortinarius rubellus (auch „Deadly webcap“)

  • Weitere toxische Vertreter aus der Gruppe der Orellani (verschiedene Cortinarius‑Arten)


Tipp: Cortinarius‑Arten sind oft unauffällig braun‑orange und besitzen eine feine „Spinnweb‑Hülle“ (Cortina) als Merkmal; Verwechslungen mit Speisepilzen wie Trompetenpfifferling (Trichterling) haben wiederholt zu Vergiftungen geführt.


4. Toxikokinetik & Wirkmechanismus (Wirkung)
  • Orellanine reichert sich bevorzugt in den Nierentubuli an und verursacht selektive Tubulusschädigung.

  • Mögliche Mechanismen:

    • Hemmung der Proteinsynthese in Tubuluszellen.

    • Bildung von Sauerstoffradikalen und Reduktion endogener Antioxidantien (z. B. Glutathion), wodurch Lipidperoxidation und Membranschäden entstehen.

    • Langanhaltende Persistenz im Nierengewebe (Monate) wurde beschrieben.


5. Klinischer Verlauf & Symptome

Latenzzeit: Die Vergiftung zeigt oft eine verzögerte Symptomatik — meist mehrere Tage bis 1–2 Wochen nach dem Verzehr (in manchen Fällen noch später).


  • Erste Phase: leichte gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) während der Latenz möglich, aber oft unauffällig.

  • Spätphase: Zeichen einer akuten Nierenschädigung: reduzierte Urinmenge, Ödeme, Müdigkeit, Übelkeit, Elektrolytstörungen; Progression zu akutem Nierenversagen.

  • Langzeit: viele Patientinnen/Patienten entwickeln ein chronisches Nierenversagen (dauert bis ESRD), das dialysepflichtig sein kann.


6. Diagnostik
  • Anamnese ist zentral: Frage gezielt nach Pilzverzehr in den letzten 1–3 Wochen.

  • Labor: steigende Kreatinin‑ und Harnstoffwerte, Elektrolytstörungen; Urinstatus mit Proteinurie und Befunden, die auf Tubulusschaden hindeuten können.

  • Spezielle Tests: Nachweis von Orellanine in Pilzproben, Serum oder Urin (analytisch mittels HPLC‑MS usw.) ist möglich, wird aber nicht überall routinemäßig angeboten.

  • Biopsie: Nierenbiopsie zeigt typischerweise akute Tubulusnekrose und interstitielle Veränderungen.


7. Therapie & Management
  • Kein spezifisches Antidot für Orellanine bekannt.

  • Frühzeitige Maßnahmen: Magenspülung und Aktivkohle, wenn Betroffene früh nach Aufnahme vorstellig werden.

  • Supportive Therapie: Flüssigkeits‑ und Elektrolytausgleich, Behandlung von Komplikationen.

  • Nierenersatztherapie: Dialyse (häufig erforderlich) bei schwerer AKI; einige PatientInnen bleiben dauerhaft dialysepflichtig oder benötigen Nierentransplantation.

  • Antioxidantien/experimentelle Therapien: Experimentelle oder empirische Behandlungen (z. B. N‑Acetylcystein, Steroide) wurden untersucht, zeigen aber keinen eindeutig gesicherten Nutzen.


8. Prognose
  • Abhängig von Dosis, Zeit bis zur Behandlung und individueller Empfindlichkeit.

  • Viele dokumentierte Fälle endeten in dauerhaftem Nierenversagen; bei frühzeitiger Unterstützung ist Erholung möglich, aber nicht garantiert.


9. Prävention & Sammel‑Tipps
  • Kein Cortinarius essen. Viele Arten sind unscheinbar und schwer sicher zu bestimmen — für Laien keine Sammel‑ oder Verzehrempfehlung.

  • Wenn du Pilze sammelst, vermeide braune, unklare „Risspilz‑/Webcap“‑Arten und frag im Zweifel Expert*innen oder Beratungsstellen.

  • Bewahre Pilzreste und Fotos auf, falls später eine Vergiftungsabklärung nötig wird.


10. Historische Fälle & Bedeutung
  • Berühmte Massenvergiftung in Polen (1950er Jahre) führte zur Entdeckung der Toxizität von Cortinarius orellanus.

  • In Skandinavien, Mitteleuropa und Nordamerika wurden mehrere Cluster und Einzelfälle dokumentiert; viele Betroffene entwickelten dauerhaftes Nierenversagen.


11. FAQ

Wie lange dauert es, bis Symptome auftreten?Meist mehrere Tage bis zu 1–2 Wochen, manchmal noch später — deshalb ist die Vergiftung oft anfänglich unerkannt.


Kann Kochen Orellanine zerstören?Orellanine ist relativ stabil; sichere Inaktivierung durch einfache Hausmethoden ist nicht belegt.


Gibt es einen Test für zu Hause?Nein — Nachweis erfordert spezialanalytische Verfahren.


12. Fazit

Orellanine ist ein selektives, stark nephrotoxisches Pilzgift, das vor allem in Cortinarius‑Arten (z. B. C. orellanus, C. rubellus) vorkommt. Die Kombination aus langer Latenzzeit, schwerer Tubulusschädigung und fehlendem spezifischem Antidot macht diese Vergiftung besonders gefährlich. Prävention durch Vermeidung fraglicher Cortinarius‑Arten ist entscheidend.


Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Verdacht auf Pilzvergiftung unverzüglich ärztliche Notaufnahme aufsuchen.

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